Ehrenamt macht glücklich
Interview mit zwei jungen Männern mit Fluchthintergrund, die sich in verschiedenen Ehrenämtern engagieren

Aus welchem Land kommen Sie?
Safiullah: Afghanistan
Suhail: Pakistan
Wie lange sind Sie bereits in Deutschland?
Safiullah: Ca. 3 Jahre
Suhail: Auch ca. 3 Jahre
Wie ist Ihre aktuelle Situation?
Safiullah: Ich habe in Afghanistan Jura studiert. Derzeit arbeite ich als Kassierer im Supermarkt. Ich habe mich für die Prüfung beim Sprachkurs für das Niveau B2 angemeldet. Ich mache meinen Führerschein.
Suhail: Ich habe ein Studium als Elektroingenieur in Pakistan abgeschlossen, das hier anerkannt wurde. Ich habe die deutsche Sprache bei der Volkshochschule gelernt. Mein aktuelles Sprachniveau ist B2. Derzeit arbeite ich bei einem Sicherheitsdienst.
Seit wann engagieren Sie sich freiwillig?
Safiullah: Seit 2016.
Suhail: Seit 2016. Am Anfang habe ich dabei viel Englisch gesprochen.
Wie sind Sie dazu gekommen?
Safiullah: Ich konnte besser deutsch sprechen als viele andere im Wohnheim. Ich habe gesehen, dass Leute Hilfe brauchten. Dann habe ich Familien mit kleinen Kindern zum Arzt begleitet. Ich habe selbst Hilfe gehabt – einen Helfer über die Freiwilligenagentur.
Suhail: Die Freiwilligenagentur hat mich in die Ehrenämter vermittelt. Ich hatte über die Freiwilligenagentur auch selbst eine ehrenamtliche Helferin. Sie hat mir viel gezeigt und wir haben etwas gemeinsam unternommen.
Welche Aufgaben übernehmen Sie?
Safiullah: Ich helfe als Übersetzer bei Arztbesuchen oder Amtsgängen.
Suhail: Ich habe zunächst bei Renovierungsarbeiten auf „Gut Steinhof“ (ein ehrenamtlich organisiertes Museum) mitgemacht. Dabei waren wir zu dritt im Einsatz – jeder mit anderen Aufgaben. Der Kontakt wurde durch die Freiwilligenagentur hergestellt. Ich habe auch als Prüfungshelfer eine Sprachprüfung unterstützt und dort den Lehrer unterstützt. Außerdem war ich als ehrenamtlicher Übersetzer bei Besuchen in Ämtern und Behörden tätig. Am Sonntag (10.2.) begleite ich zum ersten Mal einen Menschen, der im Rollstuhl sitzt, ins Stadion zum nächsten Spiel der Eintracht.
Engagieren Sie sich regelmäßig oder eher auf Nachfrage?
Safiullah: Bis jetzt nur auf Zuruf. Aber immer wieder gerne.
Suhail: Eher auf Nachfrage, die Begleitung zum Fußball könnte vielleicht eine regelmäßige Aufgabe werden.
Was ist Ihre Motivation?
Safiullah: Ich möchte den Familien helfen. Wir sind Menschen und wenn ich merke, die Menschen brauchen Hilfe, dann muss ich es machen, damit die Menschen Hilfe bekommen. Ich habe selbst auch Hilfe bekommen und kann auch etwas zurückgeben.
Suhail: Am Anfang war es im Wohnheim langweilig. Wir wollten etwas machen. Es ist schön gebraucht zu werden.
Was bringt Ihnen ihr Ehrenamt selbst?
Safiullah: Kontakte. Das Ehrenamt macht glücklich. Dabei muss ich viel deutsch sprechen und verbessere meine deutsche Sprache.
Suhail: Auch Kontakte. Man lernt Menschen kennen. Ich habe beim Ehrenamt eine Frau kennen gelernt. Beim Ehrenamt habe ich meine Sprache verbessert. Die Leute sind sehr nett – darum macht es Spaß.
Wie fühlen Sie sich, wenn Sie anderen helfen?
Safiullah: Glücklich. Ich mache es gerne. Es ist meine Entscheidung zu helfen. Helfen ist für mich selbstverständlich.
Suhail: Es ist eine tolle Sache zu helfen. Ich helfe Leuten, mir wurde auch geholfen. Wenn ich Zeit habe und merke ich kann das machen, helfe ich gern.
Gibt es bei Ihnen im Heimatland auch so ein Ehrenamt wie in Deutschland?
Safiullah: Es gibt Unterschiede. Wir haben zum Beispiel Internationale Büros oder staatliche Büros die bedürftigen Menschen Unterstützung geben. Ich habe mit meinem Wissen als Jurist ehrenamtlich Strafgefangene unterstützt, die sich keinen Rechtsanwalt leisten können. In unserer Gesellschaft geben Menschen, die mehr Geld haben eine finanzielle Unterstützung für arme Menschen. Auch über die Moscheen gibt es Ehrenämter. Dort geben Ehrenamtliche Unterricht für Kinder aus armen Familien. Sie bringen ihnen das Alphabet bei, damit sie lesen lernen.
Suhail: Bei uns ist es nicht so. In Deutschland ist das Ehrenamt sehr systematisch. Aber auch in Pakistan hilft man sich persönlich gegenseitig. Zum Beispiel habe Studenten Vereine, in denen sie sich engagieren. Ich habe kurz vor meiner Abschlussprüfung zum Studium bei der Durchführung einer Blutspende geholfen. Es war für eine schwangere Frau, die eine Blutspende brauchte. Wir mussten die Blutgruppen der Spender herausfinden. Ich habe die richtige Blutgruppe und habe auch für sie gespendet.
Was wünschen Sie sich für die Zukunft?
Safiullah: Ich möchte den Sprachkurs und den Führerschein bestehen, dann habe ich mehr Möglichkeiten.
Suhail: Ich möchte Arbeit als Elektroingenieur finden und/oder mein Studium in Deutschland ausbauen. Ich wünsche mir, dass mich meine Eltern einmal in Deutschland besuchen.
