Fragen an Wilhelm Schmidt

Fragen an Wilhelm Schmidt zur Gründung der Freiwilligenagentur Jugend-Soziales-Sport e.V.

Wilhelm Schmidt war 1997 an der Gründung der Freiwilligenagentur Jugend-Soziales-Sport e.V. in Wolfenbüttel beteiligt. Heute ist Wilhelm Schmidt Präsident des Bundesverbandes der Arbeiterwohlfahrt und zweiter Vorsitzender des AWO Bezirksverbandes Braunschweig. Die Freiwilligenagentur befragt ihn über die Hintergründe.

Fragen an Wilhelm Schmidt

 

1. Fragen an Wilhelm Schmidt in seiner Eigenschaft als Gründungsmitglied der Freiwilligenagentur

Sie haben von 18 Jahren als Gründungsmitglied der Freiwilligenagentur entscheidend dazu beigetragen dass es sie gibt und sie immer befördert.

  • Welches waren Ihre Beweggründe die Agentur ins Leben zu rufen – aus welcher Notwendigkeit heraus?
  • Warum haben Sie sich für die über Bereiche Soziales und Sport entschieden?
  • Wie hat sich die Trägerkonstellation ergeben und welchen Hintergrund hatte die Trägerzusammenstellung?
  • Wie sehen Sie die Tätigkeit der Agentur heute?

Wilhelm Schmidt:
„Ich habe die Agentur-Gründung betrieben, um in Ergänzung zu den Vereins- und Verbandsangeboten in der Region auch diejenigen Aktivitäten durch freiwilliges Engagement zu fördern, die zu selten im Blickpunkt des Interesses stehen und um die sich sonst niemand kümmert. Meine politische Arbeit im Landtag (1978 – 1986) und im Bundestag (1987 – 2005) war interessant und wichtig, sie hätte aber zu wenig Praxisbezug gehabt, wenn ich nicht durch mein eigenes ehrenamtliches Engagement (in der AWO, im BAC, im Schwimmverein, im Bezirkssportbund usw.) die engen Kontakte zu den Bereichen Jugend, Soziales und Sport in der Gesellschaft wahrgenommen hätte. Die Agentur war in der Anfangsphase bewusst eine gemeinsame Einrichtung des Sports (Bezirkssportbund) und der AWO (deren Bezirksvorstandsmitglied und Stellvertretender Bundesvorsitzender ich damals schon war). Allerdings gab es auf beiden Seiten Skepsis und Widerstände, die nicht immer leicht zu überwinden waren. Eine Kooperation (noch dazu institutionell) zwischen Sport und Wohlfahrtsverband ist (leider) auch heute noch sehr selten.
Vor diesem Hintergrund finde ich, dass die Agentur mit dem Einsatz ihrer haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter/innen eine nun schon fast zwei Jahrzehnte andauernde Klasse-Arbeit leistet. Dafür bin ich als Gründer nicht nur dankbar, sondern verbreite dieses gute Beispiel auch über die regionale AWO hinaus. Gerade die Vielfalt der Angebote, die ungewöhnliche und erfolgreiche Gewinnung von freiwilligen Mitarbeiter/innen und die Bewältigung bei den Schwierigkeiten der Finanzierung nötigen mir immer wieder Respekt ab.“

 

2. Fragen an Wilhelm Schmidt in seiner Eigenschaft als Präsident des AWO Bundesverbandes und 2. Vorsitzender des AWO Bezirksverbandes Braunschweig

Der Bundesverband der Arbeiterwohlfahrt und der Bezirksverband Braunschweig sind sehr wichtige Partner der Agentur. Das Fortbestehen der Freiwilligenagentur über die letzten 18 Jahre konnte gelingen, da die Leitsätze der AWO stets auch vorbildlich für die Tätigkeiten der Agentur gewesen sind und die AWO zuverlässige Partner auch in der finanziellen Absicherung der Agentur bilden.

  • Welchen Hintergrund gibt es für den Bundesverband sowie für den Bezirksverband der AWO, die Struktur der Agentur so lange zu unterstützen – aus Ihrer Sicht?
  • Welchen Stellenwert hat bürgerschaftliches Engagement für die AWO Verbände insbesondere in Bezug auf junge Menschen.
  • Welche Forderungen hätten Sie für die Zukunft im Bereich Bürgerschaftliches Engagement im Zusammenspiel zwischen Sozialbereich und Sport.

Wilhelm Schmidt:
Mehr noch als die Sportorganisation sind alle Wohlfahrtsverbände in einem breiten Spektrum der Sozial-, Jugend-, Alten-, Familien- und Bildungsarbeit tätig. Sie erfüllen damit im Rahmen der sog. Subsidiarität Aufträge der öffentlichen Träger (insbesondere der Kommunen). Die damit verbundene Vielfalt, die sich ständig wandelnden Herausforderungen, der besondere Qualitätsanspruch und die notwendige Menschlichkeit können neben qualifizierten hauptberuflichen Kräften nur durch den Einsatz vieler freiwilliger Engagierter bewältigt werden. Die Arbeiterwohlfahrt (AWO) ist dabei unter den sechs Spitzenverbänden der Wohlfahrtspflege einer mit besonderen Werten und eigenen Ansprüchen (Freiheit, Gerechtigkeit, Gleichheit, Toleranz und Solidarität). In rund 15 000 Sozialeinrichtungen mit 195 000 hauptberuflichen Mitarbeiter/innen wird das ebenso gelebt wie in den 4 000 AWO-Ortsvereinen mit rd. 350 000 Mitgliedern. Und damit ist auch klar, dass die AWO solche Einrichtungen wie die Freiwilligenagentur Jugend-Soziales-Sport für wichtig und förderungswürdig hält. Für mich war und ist die Agentur immer auch ein Stück Verwirklichung von Ideen, die ich als Gründer der Enquetekommission „Bürgerschaftliches Engagement“ im Bundestag im Kopf hatte: Neue Ideen und Angebote für neue Gruppen in der Gesellschaft, die sonst nur schwer erreicht werden, Flexibilität in der Aufgabengestaltung, Engagementformen schaffen, die mit Freude wahrgenommen werden – kurz: Raus aus dem Normalen (das trotzdem von anderen Verbänden und Vereinen richtigerweise weiter angeboten wird).

Ich wünsche mir sehr, dass gerade das Zusammenführen der verschiedenen Gruppen von Einwohnern in unserer Region intensiv fortgesetzt werden kann. Inklusion wird die Aufgabe und die Herausforderung der Zukunft sein. Aktuell wird es die Aufnahme, Betreuung und Integration der Flüchtlinge aus vielen Krisenregionen sein. Das sind wichtige soziale Aufgaben heute und morgen – und hierbei können Sportangebote und hervorragende positive Rolle spielen. Das weiß Jede/Jeder, der wie ich im Sport groß geworden und dann in die soziale Arbeit eingetaucht ist.

 

Die Fragen stellte Astrid Hunke, Leiterin der Freiwilligenagentur Jugend-Soziales-Sport e.V..